Es ist 8 Uhr morgens und die ersten Teilnehmer trudeln ein. Die Location – wie es heutzutage heißt – ist ein bekanntes Gut östlich von München. Einige Teilnehmer kommen von weit her, sogar aus „Bayrisch-Sibirien“, wie die Oberbayern gerne den Bayrischen Wald benennen. Es muss schon ein besonderer Kochkurs sein, und nur Männer. Entschuldigung, ich sehe gerade, ein weibliches Wesen hat sich eingeschlichen. Unser Kochlehrer für die Praxis führt schon voller Stolz seine Utensilien vor, große Fässer, diverse Utensilien zum Pumpen und Messen.
Ein Stockwerk höher bereitet sich der Kursleiter für den theoretischen Teil vor. Von ihm werden die nunmehr vollzählig anwesenden Teilnehmer begrüßt: „Herzlich willkommen zu unserem gemeinsamen Brennseminar“. Ja, was jetzt, Kochkurs oder Brennseminar?
Schnapsbrennen heißt deshalb Brennen, weil Kochen zu alltäglich klingt und Männer – außer Sterneköche natürlich – nicht kochen. Aber bei Lichte besehen ist Schnapsbrennen nichts anderes als Kochen. Die Zutat, hier die Maische, wird in einen Kessel gefüllt und mit einer Art Wasserbadschnellkochtopf (Verzeihung: Brenngerät natürlich) erhitzt, bis diese kocht. Dieser Kochvorgang (Verzeihung: Brennvorgang) trennt den ersehnten Alkohol vom Rest. Schnapsbrennen ist auch nicht schwieriger, als nach einem Rezept ein Gericht zuzubereiten, man muss nur das Rezept des Schnapskochens kennen: Es braucht hochwertigste Zutaten, meistens Obst, am besten regionales, etwas Geduld, die Reife des kleingematschten Obstes (Maische) kann sich Wochen hinziehen, und noch mehr Geduld beim Kochen (Verzeihung: Brennen), langsam köcheln, ganz langsam köcheln, dann erhalten wir den begehrten „Hochprozentigen“ zur weiteren Verarbeitung. Nur noch mit Wasser wird unser Produkt veredelt und wieder wird uns gehörig Geduld abverlangt. Monate des Wartens liegen vor uns, bevor wir uns zum Genießen an den Tisch setzen. Mir ist zu Ohren gekommen, dass sich immer mehr Frauen für diese besondere Art des Kochens begeistern und in manchem Kochkurs (Verzeihung: Brennseminar) schon die Mehrheit der Teilnehmer stellen.
Fotonachweis: Anton Wallisch